Über sieben Stufen musst Du gehn – Ampel gestaltet Energiepass als Nachhaltigkeitssiegel neu
Die Bundesregierung will CO₂-Kosten per Stufenmodell gerechter aufteilen. Eckpunkte für die Kostenaufteilung zwischen Mietern und Vermietern sind gefunden. Das Verhältnis soll sich nach der CO₂-Last des jeweiligen Gebäudes richten. Es ist ein siebenstufiges Modell geplant. Die finanzielle Beteiligung der Mieterinnen und Mieter ist dabei abhängig vom energetischen Zustand des Gebäudes: Je weniger CO₂ es ausstößt, desto höher ist der Anteil der Mieter. Gleichzeitig werden die Förderkriterien an die eingesparten CO2-Mengen ausgerichtet.
Nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP wird der CO₂-Ausstoß in dem Stufenmodell mit Kilogramm pro Quadratmeter und Jahr angegeben. Beträgt dieser Ausstoß weniger als fünf Kilogramm, was die niedrigste Stufe darstellt, müssen die Mieterinnen und Mieter die gesamten CO₂-Kosten fürs Heizen übernehmen. Beträgt der Ausstoß mehr als 45 Kilogramm, etwa bei schlecht gedämmten und schlecht sanierten Gebäuden, müssen sie nur zehn Prozent der CO₂-Kosten tragen.
Würde dies so umgesetzt, müssten gemäß der o.g. Bestandsgrafik viele Mietparteien in Berliner Mehrfamilienhäusern den “Löwenanteil” tragen. Ansatzweise ist zu erkennen, dass die neuen Gesetzgeber nicht die Masse der betroffenen Mieter im Fokus haben. Deren Blick richtet sich auf das “Ende der Fahnenstange”, die schlecht gedämmten Gebäude. Die dort wohnenden Mietparteien sollen im Verteilerschlüssel entlastet werden, die Betroffenen in den gut gemanagten Wohnungen werden zur Kasse gebeten. Der Handlungsrahmen ist deutlich erkennbar; die Reaktion der Betroffenen nicht.
Die neue Bundesregierung plant so die Basis für eine neue Generation des Gebäude-Energieausweises. Zielstellung ist ein Nachhaltigkeits-Zertifikat (“Siegel”) mit dem Titel „Nachhaltige Gebäude“. Dies soll den alten Energieausweis ersetzen. Das Siegel soll nicht nur die Energieeffizienz und den CO2-Ausstoß, sondern die tatsächliche CO2-Ersparnis bezogen auf einen Quadratmeter Wohnfläche, abbilden. „Nachhaltigkeit“ und „Ressourcenschonend bauen“ sollen sich wie ein roter Faden durch den gesamten Lebenszyklus eines Hauses ziehen. Beispielsweise will man in Zukunft die beim Bau verwendeten Baumaterialien und die Bauverfahren sowie Möglichkeiten der ökologischen Kreislaufwirtschaft berücksichtigen; Stichwort: “Graue Energie”. Auch die Art der Energie-Erzeugung soll zukünftig eine Rolle spielen.
Die Ausrichtung auf die Kenngröße “kg CO2/qm Wohnfläche” ist ein Paradigmenwechsel. Baustoff- und Anlagenhersteller hatten bisher freie Optionen, ihre Werte nach Eigen-Einschätzung in die Energieberechnungen der Gebäude einzupflegen. Dabei verhielten sich viele Marktplayer wie die Abgas-Abschalter der Automobilindustrie. Die Folge waren Heerscharen überdimensionierter Erzeugeranlagen (viel kostet viel) und reine Baustoffdaten ohne Berücksichtigung von Nutzerverhalten. Die Konsequenz: überdimensionierte Heizanlagen in Gebäuden, die häufig nun doch gar nicht so schlecht gedämmt waren wie angenommen; keine Ersparnis trotz hoher Dämmstoff-Stärken.
Das geplante Zertifikat entspricht im Wesentlichen den Vorgaben der EU-Gebäuderichtline EPBD. Europaweit soll künftig der gesamte CO2-Emissionswert maßgeblich sein. So könnte der Staat eine Aufwertung von Gebäuden der besonders niedrigen Energieklasse H auf das mittlere Niveau D oder E umfassender als bisher fördern. Apropos Förderung: Nach dem KfW-Förderstopp für Effizienzhäuser war die Empörung groß. Diese waren an den höchsten Effizienzklassen ausgerichtet. Die neuen Förderprogramme sollen nun an die Maßstäbe für das neue Nachhaltigkeits-Zertifikat angepasst werden. Fördermittel sollen demnach künftig dorthin fließen, wo die CO2-Einsparung am höchsten sind. Dafür soll das Gebäude-Energie-Gesetz (GEG) reformiert und angepasst werden. Paradigmenwechsel eben.
Erwartet wird, dass nach dem viel kritisierten Stopp der KfW-Förderung für Effizienzhäuser das neue Nachhaltigkeitszertifikat der Maßstab für neue Programme sein werde. “Die Qualitätsstandards für dieses Siegel richten sich dabei nicht allein nach der Effizienz, sondern nach der tatsächlichen CO2-Ersparnis, bezogen auf einen Quadratmeter Wohn- oder Bürofläche.”