Wärmepumpe: Chance für die Wärmewende?
Quelle: DW „Die Wohnungswirtschaft 06-20, Haufe Verlag
Wärmepumpen sind in Deutschland kaum verbreitet. Dabei gilt die Technologie als besonders klimafreundlich beim Heizen in Gebäuden – wenn der Strom aus erneuerbaren Energiequellen kommt. Was die Politik besser machen kann, damit der Ölkessel ausgetauscht wird, zeigt eine neue Studie.
Die ambitionierten Klimaziele der Bundesregierung erfordern eine Wärmewende, heißt es in einer neuen Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PwC) im Auftrag des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP). Der Verband beklagt seit Jahren, dass Wärmepumpen im Gebäudebestand in Deutschland nicht effizient eingesetzt werden.
„Selbst für die vergleichsweise schwachen europäischen Verhältnisse ist die Entwicklung in Deutschland sehr dürftig. Auf 1.000 Haushalte kamen 2017 erst 2,3 installierte Geräte“, sagt Dr. Volker Breisig, Partner im Bereich Utilities & Regulation bei PwC Deutschland. In Norwegen lag der Anteil bei 34,3, in Schweden bei 22,7 Geräten. Weltweit führend sind China, Japan und die USA. Mehr als 80 Prozent der neuen Wärmepumpen wurden 2017 in diesen Ländern installiert. Gefördert wurde das nach Angaben von PwC mit Steuernachlässen und staatlichen Kaufanreizen.
Welche politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen die Branche in Deutschland derzeit noch hemmen und welche Lösungsansätze sinnvoll wären – mit Antworten auf solche Fragen richtet sich die Studie mit neun Handlungsempfehlungen an die Entscheider. Vor allem, so die Autoren, müsse das Missverhältnis der Energiepreise korrigiert werden. „Der Strompreis für Wärmepumpen ist im Verhältnis zu Heizöl und Erdgas viel zu hoch und könnte etwa über eine deutliche Absenkung der EEG-Umlage spürbar gesenkt werden“, so Dr. Kai Schiefelbein, stellvertretender BWP-Vorsitzender.
Deutschlands Klimaziele schneller erreichen
In Wohnungsneubauten liegt der Anteil der Wärmepumpen in Deutschland aktuell bei 45 Prozent. Der Großteil neuer Heizungen wird aber beim Austausch alter Geräte in Bestandsgebäuden installiert – und hier beträgt der Anteil von Wärmepumpen der Studie zufolge derzeit nur sechs Prozent. Demnach sei eine Verbreitung der Wärmepumpen-Technologie auf dem Niveau von Schweden nötig, um einerseits den Klimaschutz im Gebäudesektor zu erhöhen und andererseits die Technologieführerschaft der deutschen Heizungsbranche zu erhalten.
Neun Handlungempfehlungen der Studie
- Treibhausgas-Emissionen in den Energiepreisen berücksichtigen: Energieträger sollten gemäß den von ihnen verursachten Emissionen belastet werden. Der geplante CO2-Preis reicht nicht, um die tatsächlichen Emissionen abzubilden.
- Steuer- und Abgabenbelastung von Strom reduzieren: Die Kosten der Energiewende werden derzeit vor allem auf den Strompreis umgelegt, kaum auf Heizöl und Erdgas. Das macht den Preis für Wärmepumpen-Strom mehr als dreimal so hoch wie für Heizöl und Erdgas. Die Kosten sollten daher vom Strom hin zu Heizöl und Erdgas verlagert werden.
- Energieeffizienz und erneuerbare Energien in neuen und bestehenden Immobilien einfordern: Mit gesetzlichen Vorgaben für den Neubau sowie die Sanierung und Modernisierung von Bestandsgebäuden bestimmen, welches Heizsystem gewählt wird. Pflicht, einen Mindestanteil erneuerbarer Energien in Bestandsgebäuden zu nutzen, ausdehnen.
- Ausbaupfad für den Wärmesektor festlegen: Im Stromsektor wurde der Ausbau der erneuerbaren Energien anhand einer klaren Strategie mit langfristigen Zielen vorangetrieben. Auch der Wärmesektor benötigt eine stringente Strategie. Die bisherigen Förderungen für Wärmepumpen – analog zur Förderung von Photovoltaikanlagen mittels EEG – müssten an einen gesetzlich definierten Ausbaupfad gekoppelt werden.
- Informationsoffensiv: Die Stakeholder sollten gezielt über Eignung und Einsatz klimafreundlicher Technologien, die die Wärmewende in Deutschland unterstützen, informiert werden. So spielen etwa die Politik – über Energiepreise, Gesetze und Förderungen – und Energieberater, Handwerker und Schornsteinfeger bei Kaufentscheidungen eine Rolle.
- Genehmigungsverfahren vereinheitlichen: Wärmepumpen, die ihre Wärme aus dem Erdreich oder dem Wasser beziehen, müssen genehmigt werden und spezielle Voraussetzungen erfüllen, etwa in Wasserschutzgebieten. Diese Genehmigungen sind aufwändig, zwischen den Bundesländern gibt es große Unterschiede. Die Anforderungen sollten bundesweit vereinheitlicht werden, um Hürden für den Einsatz von Wärmepumpen abzubauen.
- Sektorenkopplung fördern: Eine stärkere Kopplung von Strom- mit dem Wärmesektor kann dafür sorgen, dass mehr emissionsarme und strombasierte Heiztechnologien installiert werden. Das gilt für den Netzausbau und die Förderung dezentraler Kombinationen zur Strom- und Wärmeerzeugung sowie die Entlohnung flexibler Verbraucher.
- Wärmepumpe als Partner der Dämmung: Hohe Investitionskosten sowie die unsichere Entwicklung der Energiepreise und des regulatorischen Rahmens sorgen für Sanierungsstau in Deutschland. Kostenoptimiert geplante Dämmmaßnahmen sollten stärker gefördert werden, um den Sanierungsstau abzubauen. Maßnahmen an der Gebäudehülle bieten auch einen Anlass, die Heizung zu erneuern.
- Rahmenbedingungen für den heimischen Markt: Es besteht eine Korrelation zwischen dem Energiepreisverhältnis und dem Einsatz von Wärmepumpen. In Skandinavien, wo das Energiepreisverhältnis von Strom gegenüber Heizöl niedrig ist, ist der Ausbau von Wärmepumpen hoch. Dazu haben auch politische Maßnahmen und Marktanreizprogramme beigetragen, die für eine hohe Wirtschaftlichkeit der Wärmepumpe für private Endkunden sorgen. Best Practices aus anderen Ländern und aus anderen Branchen wie der Elektromobilität sollten stärker genutzt werden.