Wohnungswirtschaft: Rechtsverbindliche EU-Umsetzung EPBD und SRI im neuen GEG verpasst?

Die aktuellen Aufreger-Themen in der Wohnungswirtschaft sind aktuell eher emotional geprägt von ersten Mietdeckeln und drohenden Enteignungen. Klar, das GEG als nationale Umsetzung klimagerechten Bauens ist in aller Munde. Auch wird die Digitalisierung à priori über die Anpassung der jeweils hauseigenen ERP-Systeme umgesetzt. Doch da kommt nun etwas auf uns zu: Die EU hat im Juni 2019 die Umsetzungsvorschrift der EPBD-Richtlinie aus 2018 präzisiert und mit einem Einführungsdatum zum 10.03.2020 versehen. Verpasst die GroKo die pünktliche Umsetzung der Rechtsvorschrift?

Aktuell dümpelt das GEG im Bundesrat vor sich hin. In der 978. Sitzung des Bundesrats taucht dies als TOP 30 ganz hinten auf und verweist das Gesetzgebungsverfahren erst mal wieder in die Ausschüsse, die dann in den Urlaub gingen. Als gäbe es die verbindliche EU-Umsetzungsvorschrift nicht. Atemberaubendes Tempo à la GroKo.

Was bedeutet das für die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft? Schauen wir uns doch mal an, was der Gesetzgeber vorschreibt (Auszüge):

  • Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die erforderlichen Rechts-und Verwaltungsvorschriften zur Umsetzung der EPBD- Richtlinie (EU)2018/844 bis zum 10.März 2020 in Kraft zu setzen. Hintergrund: Unsere nationale Umsetzungs-Ebene dieser EU-Vorschrift ist das GEG.
  • Gebäude stehen im Mittelpunkt der Energieeffizienzpolitik der Union, da auf sie fast 40% des Endenergieverbrauchs entfallen. Hintergrund: Intelligente Energieeffizienz-Verfahren rücken in den Fokus, blanker Dämmwahn hat keine Zukunft. Die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft wird zum Gestalter der Energieziele.
  • Das Pariser Klimaschutzübereinkommen von 2015 im Anschluss an die 21.Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (COP21) fördert die Bemühungen der Union, den Gebäudebestand zu dekarbonisieren. Hintergrund: Deutschland fällt immer weiter zurück.
  • Die Leistungsfähigkeit gebäudetechnischer Systeme hat erhebliche Auswirkungen auf die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden und sollte daher optimiert werden.Es ist wichtig, dafür zu sorgen, dass die Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden einem integrierten Ansatz folgt und dabei sowohl die Gebäudehülle als auch gebäudetechnische Systeme berücksichtigt werden. Hintergrund: Gebäudetechnische Systeme finden im neuen GEG (noch) keine vorrangige Berücksichtigung. Dies wird auf “eine mögliche erste Novelle” (ohne Zeitangabe) des GEG verschoben.

Nun ziehen andere EU-Staaten an uns vorbei. Die Generaldirektion Energie der Europäischen Kommission ( DG Energy ENER/C3/2018-447/06) hat am 31.07.2019 die 2. Technische Studie zum Smart Readyness Indikator (SRI) vorgelegt. Parallel erscheint auch eine Zusammenfassung in englischer Sprache. Hier wird erkennbar, warum Deutschland keine Hand mehr am Puls des Geschehens hat: Andere Regionen nehmen die Chancen aus der EPBD-Richtlinie energisch wahr, hierzulande verweist man gern darauf, dass dieser SRI (noch) nicht rechtlich bindend sei. Das stimmt auch, doch wird dieser Indikator im Kielwasser der EPBD-Richtlinie in unsere Legislative gespült. Früher oder später.

Die Wohnungswirtschaft steht hier als aktiver Gestalter ganz weit vorn, um valide Effizienzgewinne in intelligent ausgestatteten Bestandsgebäuden auszuprobieren, anzuwenden, zu erwirtschaften. Es wäre wünschenswert, dass sich hierzulande eine positive Hinwendung zur Förderung großer Pilotprojekte entwickelt, die die Immobilienwirtschaft als Hauptakteur der zukünftig “intelligent” zu betreibenden Gebäude dabei unterstützt, im Sinne von EPBD und SRI aktiv zu werden. Das Vermieter-Mieter-Dilemma muss aufgelöst werden. Hierzulande verweist eine Hand auf die andere. In anderen Ländern wird der Indikator entwickelt, der ab März 2020 Einzug in unsere GEG-Gesetzgebung einhalten wird. Wir schauen aktuell zu und verpassen die Fristen zum Handeln. Ach ja: wir setzen aktuell ein GEG nicht um, dessen aktuelle Ausgestaltung zudem ab dem 10.03.2020 überholt sein wird.